Nach knapp einer Woche mit der SONY SmartWatch 3 (mit Android Wear) nun mein erster Eindruck. Schonmal vorne weg: Die Pebble werde ich wohl höchstens noch zum Schwimmen tragen.
Von meiner Wunschliste für eine Smartwatch fehlte bei der Sony eigentlich nur der Pulssensor. Als die dann letztens bei Mediamarkt für 129,- € zu haben war, musste ich einfach zuschlagen. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Wie schon vorher mehr oder weniger klar war: Das Angebot an Apps für Android Wear ist durch die kleinere Hürde beim Programmieren viel größer als bei der Pebble. Natürlich ist da auch viel Blödsinn mit dabei – aber das ist bei der Pebble nicht sooooviel anders. Android Wear hat den Vorteil, dass man die Uhr komplett ohne Finger nur per Sprache oder Handgelenk-Gesten steuern kann. So kann ich also mit der frisch aufgebrühten Teetasse in der Hand ganz einfach: “Ok Google, Timer 6 Minuten.” in die Uhr rufen und sie wird nach 6 Minuten vibrieren, um mir anzuzeigen, dass der Tee jetzt genug gezogen hat. Das ganze funktioniert mit einer langen Palette an Sprachbefehlen für alle erdenklichen Zwecke. Allerdings setzt das – wie auch beim Android selbst – voraus, dass die Sprache korrekt erkannt wird. Gerade bei Fremdwörtern muss man sich manchmal ein paar Mal wiederholen oder dann resigniert zum Handy greifen. Besonders peinlich ist das, wenn man das Feature gerade demonstrieren wollte. 😉
Die Handgelenk-Gesten erlauben einem, durch Schütteln des Handgelenks in verschiedene Richtungen, die ganzen Benachrichtigungen durchzublättern, ohne einen Finger nutzen zu müssen. Prima, wenn die Finger gerade eben noch in einem Motorblock (oder wahlweise Nutella-Glas) steckten.
Nach den paar Tagen hat sich der Spieltrieb auch langsam gelegt, so dass die Uhr Abends jetzt noch um die 50% Akkukapazität hat. Man würde also 2 Tage mit einer Ladung auskommen. Ich stecke die trotzdem jede Nacht an den Stecker. Bei der SW3 ist das übrigens ein MicroUSB-Anschluss auf der Rückseite – man braucht also kein gesondertes Kabel oder Dock. Und ein MicroUSB-Kabel findet man auch unterwegs immer mal. Ein großer Pluspunkt für mich. Manche Leute haben beklagt, dass das Rauspulen des Gumminippels für sie ein Problem darstellt – das kann ich allerdings nicht bestätigen. Solange der Fingernagel nicht bis auf’s Fleisch gestutzt ist, kann man den Gummi problemlos aus der Buchse holen.
Das transflektive Display der SW3 ist übrigens auch im Stromsparmodus super abzulesen. Im Gegensatz zu anderen Android Wear Modellen geht das Display der SW3 nämlich nicht aus und wird dunkel, oder wird weiterhin mit Licht befeuert. Stattdessen wird auf eine schwarz/weiß-Ansicht wie bei LCD-Uhren gewechselt. Die ist selbst bei schwachem Licht auch ohne Hintergrundbeleuchtung noch ablesbar und verbraucht kaum Strom.
Apropos Beleuchtung: Im Gegensatz zu der Funzel in der Pebble, die gerade so ausreicht, dass man den Inhalt des Display erkennen kann, ist das hintergrundbeleuchtete Display der SW3 natürlich eine Augenweide. Die Helligkeit kann man so hoch stellen, dass die Uhr als Not-Taschenlampe dienen kann. Dafür gibt’s sogar einen eigenen Menüpunkt.
Auch spannend: Die SW3 hat eingebautes WLAN und kann sich mit dem Telefon auch darüber synchronisieren. D.h. das Handy kann IRGENDWO im WLAN-Bereich liegen und die Uhr – solange im selben WLAN eingebucht – wird trotzdem die Benachrichtigungen anzeigen. Man ist also nicht mehr auf die 10-15m Bluetooth-Reichweite beschränkt.
Weiterhin bietet die Uhr noch ein paar andere Features, z.B. Vergrößerungsgesten für Sehbehinderte, einen “Kino”-Modus, wo das Display dunkel bleibt und natürlich auch das übliche: Flugmodus für penible Stewardessen FlugbegleiterInnen und Displaysperre, damit niemand Fremdes an die sensiblen Daten kommt.
Zu den Apps bleibt noch zu sagen, dass durch die – im Vergleich zur Pebble (auch deren Farbmodelle) – höhere Auflösung und Farbtiefe der Uhr natürlich auch ganz andere Möglichkeiten bestehen. So kann ich z.B. mit tinyCam Monitor jederzeit am Handgelenk sehen, was daheim im Wohnzimmer passiert. Google Maps und Flightradar24 zeigen mir eine Karte an, die man auch wirklich erkennen kann. Musikprogramme zeigen entsprechende Cover. Und es gibt sogar komplette Spiele, die eigenständig auf der Uhr laufen, wie z.B. die Lifeline-Serie oder The Martian. Ach und auch toll: Google Authenticator synchronisiert die Tokens mit der Uhr. (Bei der Pebble muss man die manuell auch nochmal auf der Uhr hinterlegen.) Und der eingebaute Schrittzähler synchronisiert sich mit Google Fit, aber soweit ich gesehen habe, können auch andere Apps den auslesen. Viele andere der Google-Apps werden natürlich auch direkt unterstützt und können von der Uhr aus genutzt werden: Kalender, Alarm, Fit, Google Suche, Hangouts, Keep, Maps, My Tracks, Play Music, Stopwatch, Timer, Translate und das Wetter von Google Now. Ich kann also z.B. die Einkaufsliste in Keep pflegen (oder freigeben und pflegen lassen) und dann im Laden bequem von der Uhr aus abhaken, was ich in den Wagen gepackt habe. Für die Pebble hab ich da nur Apps gefunden, wo Umwege nötig waren. Ach und bequemerweise hat der Play Store eine eigene Rubrik für Android Wear, wo man sich ganz leicht über das Angebot informieren und alles nach verschiedenen Kriterien sortieren lassen kann. Den Pebble-Store fand ich etwas unübersichtlich.
Was man noch als Negativpunkt deuten könnte: Aktuell gibt es noch keine Android Wear Smartwatch, die wirklich wasserdicht (d.h. nicht nur wasserFEST) ist. Und die verbauten Touchscreens HASSEN Wasser, werden also wohl bei zuviel Regentropfen unbenutzbar. (Hab ich noch nicht probiert.) Wer also regelmäßig Schwimmen geht oder in tropischen Wäldern unterwegs ist, sollte die Finger davon lassen und zu einer Pebble greifen. Wer seine Uhr zum Schwimmen eh ab macht und bei Regen einen Schirm benutzt, braucht sich keine Gedanken darüber machen.
Ach und der Vibrationsmotor in der SW3 ist ETWAS schwach. Bei der Pebble reißt es einem fast das Handgelenk ab, wenn die vibriert (okay, etwas übertrieben) und bei der SW3 muss man manchmal überlegen, ob die gerade vibriert oder ein Muskel gezuckt hat. Dafür ist der Vibrationsmotor der SW3 lautlos während man die Pebble DEUTLICH hört.
Wem übrigens die Auswahl an Ziffernblättern nicht ausreicht, der kann sich welche mit WatchMaker oder Facer bauen.
Fazit: Die Android Wear Uhr ist – für Android-Besitzer – der Pebble in Sachen Funktionalität weit überlegen. Und sie sieht nicht so nach Spielzeuguhr aus. Allerdings muss man dazu sagen, dass Pebble die Hauptfunktionalität – das Benachrichtigen – mittlerweile perfektioniert hat. Nur eben alles darüber hinaus gehende ist mit einer Android Wear Uhr besser. Und da ich ein Spielkind bin, geb ich die SW3 jetzt nicht mehr her…